Finanzierungsmodelle für offene Schulbücher

2017 haben Maximilian Heimstädt und Leonhard Dobusch in ihrer Studie „Perspektiven von Open Educational Resources (OER) für die (sozio-) ökonomische Bildung an Schulen in NRW und in Deutschland“ verschiedene Modelle der Finanzierung von OER-Schulbüchern formuliert. Die Studie, die sich an die Bildungspolitik in Nordrhein-Westfahlen richtet, stellt den Ist-Zustand der schulischen Bildung in NRW 2017 sowie die Herausforderungen der Digitalisierungsprozesse dar und erarbeitet Lösungsangebote unter dem Gesichtspunkt von Open Educational Resources (OER). Zentraler Vorschlag der Studie, um ungeprüfte, tendenziöse Onlinematerialen in der Lehre zu vermeiden, ist die systematische Förderung der Erstellung von offiziellen OER-Schulbüchern, die sich rechtssicher verbreiten, verändern und rekombinieren lassen und die Qualitätsprüfung des Landes NRW durchlaufen haben. Dafür entwerfen die Autoren Handlungsszenarien zur (finanziellen) Förderung von Schulbüchern unter freier Lizenz:

  1. Ausschreibung von Pilot-Schulbüchern

Durch öffentliche Ausschreibungen werden deutlich mehr OER-Schulbücher vorfinanziert. Das Konzept weist niedrige Umsetzungshürden auf und knüpft unmittelbar an erfolgreiche OER-Projekte an. In Norwegen beispielsweise werden seit 2006 circa 20 Prozent des Schulbuch-Budgets – das sind 8,2 Millionen Euro – in die Entwicklung von OER-Materialien investiert. Nach diesem Vorbild könnten sukzessive der OER-Bestand und entsprechende Kompetenzen bei Verlagen erhöht werden.

2. Nutzungsbasierte Refinanzierung von OER-Schulbüchern

In diesem Szenario erfolgt die öffentliche Finanzierung von OER-Schulbüchern nutzungsabhängig durch eine Vergütung von OER-Schulbüchern, die erfolgreich die Schulbuchzulassung durchlaufen haben und in der schulischen Praxis auch tatsächlich zum Einsatz kommen. Die Höhe der Vergütung wird dabei anhand von Umfragen und Stichprobenerhebungen der OER-Bücher im Unterricht ermittelt.

3. Entwicklung von OER-Schulbuch-‚Rohlingen‘

Statt in fertige OER-Schulbücher zu investieren, könnte auch die Erstellung von ‚Rohlingen‘ finanziert werden, die leicht auf die Erfordernisse in verschiedenen Bundesländern angepasst werden können. Gemein haben die Rohlinge lediglich inhaltliche Minimalanforderungen des Schulministeriums, die zur Qualitätssicherung kontrolliert werden. Von da an können sie individuell von Bildungsmedienanbietern mit multimedialen Zusatzangeboten ergänzt werden, ohne dass diese sich um die offene Lizenzierung der grundlegenden Inhalte kümmern müssen.

4. Einführung einer OER-Klausel in den Zulassungsprozess

In diesem Szenario müssten sich Anbieter durch eine OER-Klausel im Rahmen der Schulbuchzulassung durch das Land NRW vertraglich verpflichten, die Schulbücher nach einer festgelegten Phase des kommerziellen Vertriebs als OER zur Verfügung zu stellen. Die Phase könnte entweder zeitlich (z.B. nach fünf Jahren) oder sachlich (z.B., wenn eine gewisse Anzahl verkauft wurde) festgelegt werden. So könnte es schon nach kurzer Zeit für verschiedenste Fächer OER-Schulbücher in NRW geben.

Die Verschiedenen Finanzierungsmodelle sind hier mit Empfehlungen der Autoren ausführlicher nachzulesen.

Was ist seitdem passiert und wie geht es weiter?

2020 hat das Ministerium für Kultur und Wissenschaft gemeinsam mit der Digitalen Hochschule NRW (DH.NRW) in der Förderlinie „OERContent.nrw“ (Open Education Resources) aufgrund der Corona-Pandemie 18 Konzepte für digitale Lehr- und Lernformate mit insgesamt 10,5 Millionen Euro gefördert, um das E-Learning Angebot der Hochschulen auszubauen. Die Lehr- und Lerninhalte wurden in das neue Online-Landesportal ORCA.nrw (Open Resources Campus NRW) eingestellt und stehen allen Studierenden und Lehrenden in NRW zur Verfügung.

OERContent.nrw ist die größte bundesweite Förderlinie für offene Bildungsressourcen. Durch die Förderlinie soll der Nutzen von frei zugänglichen Lehr- und Lernangeboten für Lehrende und Studierende erkennbar und erfahrbar werden. Doch es braucht mehr Angebote und Förderinitiativen. Aufgabe der Bildungspolitik ist es, bestehende Finanzierungmodelle anzupassen, um die professionelle Erstellung von OER-Schulbüchern und Lernmaterialien zu ermöglichen.


Quellen:

http://www.fgw-nrw.de/fileadmin/user_upload/NOED-Studie-06-Dobusch-A1-komplett-Web.pdf

https://www.dh.nrw/kooperationen/OER-Content.nrw-42

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