Open-Source-Transformation: Wie aus Produkten Gemeinschaftsprojekte werden

In der dynamischen Welt der Softwareentwicklung erleben wir zunehmend, wie kommerzielle oder proprietäre Softwareprojekte geöffnet werden, also als Open-Source-Software zur Verfügung gestellt werden. So wurde z.B. Azure RTOS von Microsoft zu einem Open-Source-Projekt unter der Leitung der Eclipse Foundation transformiert. So kann die Software unter einem anderen rechtlichen und organisatorischen Dach weitergeführt werden. Dadurch können z.B. Hosting, Administration und Austauschplattformen zentral kooridniert und Ressourcen effizienter eingesetzt werden.

Communitybuilding als Schlüsselfaktor

Dieser administrative Aufwand hinter einem Softwareprojekt kann viel Zeit in Anspruch nehmen, deswegen kann der Trend, eine Software zu öffnen, besonders für kleinere Projekte wegweisend sein. Doch auch Softwareprojekte, die bereits offen zur Verfügung stehen, können davon profitieren, die Administration an eine übergeordnete Organisation auszulagern.

Unser Ansatz als gemeinnütziger Verein besteht darin, Projekte auf externen Wunsch hin zu übernehmen und sie als Open Source mit einer lokalen Coder-Community weiterführen. Wer an der Entwicklung einer Software mitwirkt, investiert oft viel Zeit, Geld und Hirnschmalz. Die Begeisterung für die Projektidee, der praxisfokussierte Lerneffekt und das Miteinander sind dabei starke Motivatoren, aber keine zuverlässige und langfristige Strategie. Deswegen reflektieren und analysieren wir vor der Migration eines Softwareprojektes die Rahmenbedingungen und überlegen gemeinsam, wo es hingehen soll und überprüfen, ob eine Software zu unserem Satzungszweck passt bzw. ob die Entwickler:innen eine Transformation in diese Richtung anstreben wollen.

Die Öffnung von Softwareprojekten bedeutet in diesem Zusammenhang eine Kultur des Teilens und der Zusammenarbeit. Entwickler:innen können voneinander lernen, bewährte Praktiken austauschen und gemeinsam an neuen Ideen arbeiten. Dies führt zu einer stärker vernetzten und kooperativen Coder Community, die permanent und langfristig an einem Projekt feilt.

Potenziale offener Software

Generell ergeben sich durch die Öffnung einer Software bzw. die Migration einer offenen Software zu einer übergeordneten Organisation diverse Möglichkeiten: Die Transparenz des Quellcodes ermöglicht z.B. den Anwender:innen, die Funktionsweise der Software zu verstehen, Sicherheitsaspekte zu überprüfen und sicherzustellen, dass ihre Anforderungen erfüllt werden.

Die Zusammenarbeit in einer offenen Entwicklergemeinschaft fördert auch die Lösung von Problemen (Issues) und die schnelle Identifizierung von Fehlern (Bugs). Durch die Beteiligung einer breiten Gruppe von Entwickler:innenn mit unterschiedlichen Expertisen können Bugs schneller erkannt und behoben werden, was die Stabilität und Qualität der Software verbessert.

Durch die offene Verfügbarkeit können Softwareprojekte leichter wiederverwendet und angepasst werden, was zu einer effizienteren Nutzung von Ressourcen führt. Dies trägt dazu bei, die Lebensdauer von Softwareprojekten zu verlängern und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.

Die Transformation zu Open Source bietet auch Chancen für eine nachhaltige Finanzierung. Durch Crowdfunding, Spenden und andere Modelle kann die Community die Entwicklung finanziell unterstützen. Dies schafft Unabhängigkeit von traditionellen Geschäftsmodellen und ermöglicht es, dass Softwareprojekte auch dann florieren können, wenn sie nicht ausschließlich auf kommerziellen Verkauf angewiesen sind.

Herausforderungen offener Software

Neben den vielen positiven Aspekten ist insbesondere die Transformation bzw. Migration eines Softwareprojekts herausfordernd, da bestehende Strukturen unter Umständen abgeändert werden müssen, anstatt dass direkt zu Projektbeginn überlegt wird, was es zu beachten gilt.

Die größte Unsicherheit stellen dabei offene Softwarelizenzen dar. Denn teilweise ist nicht mehr genau nachzuvollziehen, welche Entwickler:innen was beigesteuert haben – oder genauer: Auf Plattformen wie GitHub oder Codeberg lässt sich zwar nachvollziehen, wer wann was beigesteuert hat, aber für viele Codeschnipsel wird auf bewährte wiederkehrende Befehle zurückgegriffen. So ist eine bestimmte Zusammensetzung von Codeschnipseln einzigartig, aber die einzelnen Bestandteile nicht unbedingt und es ist schwierig, Urheberrechte genau zu differenzieren.

Copyleft-Lizenzen, wie die GNU General Public License (GPL) erfordern z.B. , dass abgeleitete Werke unter derselben Lizenz veröffentlicht werden. Zusätzlich kann die Inkompatibilität zwischen verschiedenen freien Softwarelizenzen die Integration und gemeinsame Nutzung von Code erschweren. Insbesondere die Zusammenarbeit von Entwickler:innen mit unterschiedlichen Lizenzpräferenzen kann dadurch beeinträchtigt werden.

Ein weiterer Aspekt betrifft mögliche Konflikte im Zusammenhang mit Patenten. Einige freie Softwarelizenzen beinhalten Patentklauseln, während andere dies explizit ausschließen. Die Verwaltung von Lizenzkonformität erfordert also sorgfältiges Management, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten die Lizenzbedingungen respektieren und einhalten.

Softwaremigration als Transformationsprozess

Das schaffen wir u.a. durch einen semi-strukturierten Transformationsprozess, der zwar durch aufeinander aufbauende Schritte strukturiert ist, aber flexibel auf die individuellen Rahmenbedingungen eines Softwareprojekts eingeht. Ein wesentlicher Bestandteil ist dabei der Transition-Workshop, bei dem Worst- und Best-Case-Szenarien ausgearbeitet werden.

Die gemeinschaftliche Entwicklung von Rollenbeschreibungen ermöglicht es den ursprünglichen Entwickler:innen, selbst zu entscheiden, inwieweit sie nach der Übergabe beteiligt werden möchten. Da wir ein gemeinnütziger Verein sind, liegt eine Mitgliedschaft nahe. Daneben können die Entwickler:innen auch regelmäßig auf dem Laufenden oder punktuell konsultiert werden. Diese Rollen sind flexibel und richten sich nach Verfügbarkeit, Werten und Bedürfnissen aller Beteiligten.

Nachdem die Tätigkeitsbereiche, Zuständigkeiten und Erwartungen festgelegt sind, folgt eine formale Übergabe. Dabei wird eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet, Passwörter und Domains werden auf unsere datenschutzkonformen Server in Deutschland übertragen. Falls vorhanden, findet ein Onboarding für die Community statt, bei dem auch hier Rollen geklärt und Engagierte vernetzt werden.

Der Neustart umfasst eine Überarbeitung des Quellcodes hinsichtlich digitaler Suffizienzoptimierung und die Veröffentlichung der Software als Open Source auf Codeberg. Je nach Projekt und Zielsetzung wägen wir passende Lizenzen wie die GPL, MIT oder Apache License ab.

Gleichzeitig wird Fundraising betrieben, um die Weiterentwicklung zu unterstützen. Der gesamte Prozess wird dokumentiert, evaluiert und optimiert, um für künftige Softwareprojekte einen möglichst angenehmen und effizienten Prozess zu etablieren.

Die Transformation von kommerziellen Softwareprojekten in Open Source bietet also insgesamt nicht nur technische Möglichkeiten, sondern schafft auch eine konstruktive, partizipative und nachhaltige Entwicklungsumgebung, die von einem breiten Spektrum von Entwickler:innen und Nutzer:innen getragen wird.

Was haltet ihr von diesem Ansatz? Welche Potenziale und Herausforderungen seht ihr noch? Kennt ihr ein Softwareprojekt, das ein Zuhause braucht? Hinterlasst gerne einen Kommentar oder schreibt uns – euer Feedback ist für uns von unschätzbarem Wert.

Zu Risiken und Nebenwirkungen: (Heraus-)Forderungen der Wirkungsforschung zu OER

Vor dem Hintergrund zeitgemäßer Bildung und steigender Schulbuchkosten nimmt die Diskussion um Open Educational Resources (OER) weiter Fahrt auf (Heimstädt & Dobusch 2017). OER sind offen lizenzierte sowie frei nutz-, veränder- und teilbare Bildungsmaterialien wie z.B. Arbeitsblätter oder auch Lernvideos. Lehrende und Lernende können kostenlos darauf zugreifen und die bereits erstellten und geteilten Materialien Anderer nutzen, ohne jedes Mal das Rad neu erfinden zu müssen oder das Urheberrecht zu verletzen (vgl. OERinfo). So die Idee. 

Doch die politischen und strukturellen Rahmenbedingungen für den Einsatz von OER sind noch stark ausbaufähig (Orr, Neumann & Muuß-Merholz 2017). Ein Grund könnte darin liegen, dass empirische Untersuchungen zu offenen Bildungsmaterialien im deutschsprachigen Raum nur geringfügig vorhanden sind und primär Beschreibungen des Ist-Zustands oder Zusammenhänge umfassen (Bellinger und Mayrberger 2019; Lechtenbörger 2019; Otto 2020b, 2019). Wo bleiben also Forschungsergebnisse zu den Wirkungen von OER? 

Einmal doppelten Idealismus, bitte!

OER wurden im Laufe der letzten Jahre etliche Wirkungen zugeschrieben: Sie sollen Inklusion und Bildungsgerechtigkeit fördern (Otto 2020 a; UNESCO 2013), Kosten verringern sowie Lehrkräfte entlasten (Krug 2019; Bliss, Hilton, Wiley & Thanos 2013). Bisher liegt aber nur wenig empirisches Wissen über OER vor und somit ist nicht hinreichend nachweisbar, dass OER eine tragfähige Lösung für die aktuellen Herausforderungen im Bildungsbereich sind. Als Konzept werden OER deswegen oft genug als idealistische Wunschvorstellung abgetan. 

Wirkungsforschung kann an dieser Stelle ein Instrument sein, um Steuerungswissen zu generieren, evidenzbasierte Forderungen an die (Bildungs-)Politik stellen zu können, auf dieser Grundlage Maßnahmen zu entwickeln und Anreize zu schaffen (Albus & Ziegler 2013; van Akeren, Zlatkin-Troitschanskaia, Binnewies, Clausen, Dormann, Preisendörfer, Rosenbusch & Schmidt 2011). Jetzt sind wir alle überzeugt, oder? Leider funktioniert es in der Praxis nicht ganz so. 

Wirkungsforschung wird im wissenschaftlichen Diskurs teilweise als “positivistisch” bezeichnet (Albus & Ziegler 2013). Es schwingt mit, dass sie gern überschätzt und der Nutzen für die Praxis idealisiert wird. Im worst case werden die Ergebnisse gar nicht genutzt, Graebsch (2018) hat das im Kontext von Wirkungsforschung in der Sozialpädagogik etwas bitter mit “Who cares?” zusammengefasst. Wie kann Wirkungsforschung zu OER also aussehen? 

Die große Blackbox

Wirkungsforschung geht in den meisten Fällen der Frage nach, welches Vorgehen am effektivsten ist, also die höchste Wahrscheinlichkeit hat, ein vorab bestimmtes Ziel zu erreichen (Sager, Hadorn, Balthasar & Mavrot 2021; Zeuner & Pabst 2020; Albus & Ziegler 2013). In der Medizin werden klassischerweise zwei Gruppen verglichen: Eine Gruppe bekommt ein Medikament, die andere ein Placebo. Die Teilnehmenden wissen nicht, ob sie das Medikament oder ein Placebo bekommen und die Wirkungen werden schließlich miteinander verglichen. So lassen sich Aussagen dazu tätigen, welche Wirkung durch welche Medikamentendosis hervorgerufen wird und wie groß diese Wirkung ist. Aber wie “verabreichen” wir OER und ein entsprechendes Placebo? 

Wir bewegen uns mit OER in den Bildungswissenschaften, hier können beispielsweise die Zufriedenheit von Lehrkräften und Schüler:innen, der Lern- und der Transfererfolg,  Kosteneinsparungen im Bildungssektor oder bessere Schulnoten als vorab bestimmtes Ziel untersucht werden. 

Schwierig daran ist, die Wirkungen von OER in einem komplexen Gefüge wie Schule eindeutig zu identifizieren (Zeuner & Pabst 2020). Denn die Rahmenbedingungen in Bildungskontexten (vgl. Rahmenmodelle in Gerecht, Steinert, Klieme & Döbrich 2007) sind Einflussfaktoren, die aufwändig durch statistische Verfahren herausgefiltert werden müssen (Kontrollvariablen), um die Wirkungen auf das vorab bestimmte Ziel OER zuordnen zu können. Hier sprechen wir nicht von nachvollziehbaren biochemischen Reaktionen, sondern von sozialen, emotionalen, kognitiven und kommunikativen Prozessen. Dazu kommt die Herausforderung, dass Aspekte von OER in der Bildungspraxis umgesetzt werden, allerdings ohne, dass die Lehrkräfte ihr Handeln als “OER” labeln, da ihnen der Begriff nicht bekannt ist (Bretschneider, Muuß-Merholz & Schaumburg 2012). Für einige der zugeschriebenen Wirkungen von OER sind demnach keine validen Aussagen zu Ursache und Wirkung möglich, da die Wechselwirkungen zu komplex sind. Was sollen wir jetzt also tun? 

Keine Forschung ist auch keine Lösung 

Insgesamt sind OER ein verhältnismäßig junges Forschungsthema, immerhin werden sie erst seit den frühen 2000er Jahren als solche diskutiert und erforscht (Armellini & Nie 2013). Das Erkenntnisinteresse ist groß – besonders wegen der vielen zugeschriebenen Wirkungen. Doch um ergiebige Erkenntnisse zu gewinnen und Antworten zu finden, brauchen wir erst einmal die richtigen Fragen. Otto, Schröder, Diekmann & Sander haben 2020 einige Forschungslücken und Desiderate identifiziert. Darunter der Einbezug etablierter Ansätze und Theorien der Bildungswissenschaft, der empirisch belegten Effekte der OER-Nutzung auf das pädagogische Handeln und die damit verbundene Veränderung der bestehenden Bildungspraxis. Hier könnte man wunderbar anknüpfen und eine öffentliche Übersicht aktueller Forschungsfragen zu OER unter Einbezug aller beteiligten Akteure erstellen. Damit sind u.a. Zivilgesellschaft, wie gemeinnützige Organisationen, die ihre Bildungsressourcen offen zugänglich machen oder welche für ihre Arbeit nutzen, sowie die OER-Communities, Bildungspolitik und Wissenschaft gemeint (vgl. (Bretschneider, Muuß-Merholz & Schaumburg 2012).

Eine weitere Idee besteht in der verstärkten Förderung für OER-Forschung und zwar nicht nur als Methode (Open Access), sondern als Forschungsgegenstand selbst, konkreter: Die Einrichtung von Forschungsgruppen, die breit sichtbar sind (weh mir, du schmerzlich vermisste OER-Map). 

Neben diversen Machbarkeitsstudien (vgl. Blees et al. 2016), Frameworks (vgl. Armellini & Nie 2013; Nikoi, Rowlett, Armellini & Witthaus 2011) und Kategorisierungen von OER (vgl. Kerres & Heinen 2015; Otto, Schröder, Diekmann & Sander 2020) bräuchte es die Entwicklung von OER-Erhebungsinstrumenten, also eine Sammlung von wissenschaftlich fundierten Fragen, die jeweils einem Thema (Konstrukt) zugeordnet werden können. 

Das zahlt auf mindestens zwei langfristige Möglichkeiten ein: Die bestehenden Definitionen von OER, die sich teilweise unterscheiden (Armellini & Nie 2013; Bretschneider, Muuß-Merholz & Schaumburg 2012), können durch diese Instrumente als wissenschaftlicher Konsens abgebildet werden und zur Systematisierung der OER-Forschung beitragen. Darüber hinaus können die Wirkungen von OER über die Zeit nachvollzogen werden (Längsschnitt).

1 Wunschkonzert

Forschung zu OER gibt es vor allem im Hochschulbereich (Otto, Schröder, Diekmann & Sander 2020; Bretschneider, Muuß-Merholz & Schaumburg 2012), dabei wären die Wirkungen von OER besonders im Kontext von Grund- und weiterführenden Schulen interessant. Denn das hier vermittelte Wissen ist deutschlandweit ähnlicher und die Schulklassen heterogener als z.B. ein Seminar über Literatur der Spätromantik an einer Universität (Dumont, Maaz, Neumann & Becker 2014). 

Wirkungen können von verschiedenen Akteuren als positiv oder negativ empfunden werden, und der Einbezug von Forschungsergebnissen zu Wirkungen in politische Entscheidungsprozesse ist u.a. vom Auftraggeber abhängig. Deswegen sollte Wirkungsforschung möglichst unabhängig finanziert und durchgeführt werden. Inwiefern Forschungsergebnisse in Politik und Praxis einbezogen werden, kann daneben durch Wissenschaftskommunikation beeinflusst werden. 

Apropos: OER sind ein interdisziplinäres Thema und Forschung dazu betrifft viele und verschiedene Zielgruppen (Krug 2019; Bretschneider, Muuß-Merholz & Schaumburg 2012; van Ackeren et al. 2011). Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung sollte idealerweise über die wissenschaftliche OER-Filterblase hinausgehen und von der Forschung für verschiedene Zielgruppen zugänglich gemacht werden. Das bedeutet, wissenschaftliche Ergebnisse nicht nur mit einer offenen Lizenz im Internet hochzuladen, wo es vor allem andere Wissenschaftler:innen erreicht, sondern zusätzlich dafür zu sorgen, dass die Informationen für verschiedene Zielgruppen aufbereitet werden, z.B. indem mehrere Sinne angesprochen werden, die Ergebnisse in Podcasts diskutiert oder in einer öffentlichen Diskussion vorgestellt werden. So können Transparenz und Partizipation an der Schnittstelle von Wissenschaft und Praxis gefördert werden. 

Mit der Forschung allein ist es nicht getan, es fehlen evidenzbasierte Handlungsempfehlungen und Implementationsstrategien, die aus den Forschungsergebnissen abgeleitet werden können (Otto, Schröder, Diekmann & Sander 2020) und die bisher nur vereinzelt und für sehr spezifische Kontexte vorliegen (z.B. Heimstädt & Dobusch 2017). Hierfür braucht es eine (öffentliche) Diskussion zwischen Wissenschaft, Politik und Bildungspraxis. 

Und zu guter Letzt: Ich greife hier meinen Artikel von 2020 bei OERinfo auf, der den Titel “Wirkungsforschung zu OER” trägt. OER sind ein Teil von Open Educational Practices, kurz: OEP (vgl. Bellinger & Mayrberger 2019; Cronin & MacLaren 2018), die offene Pädagogik (Wiley & Hilton 2018; Armellini & Nie 2013), offene Software und vieles mehr (Bretschneider, Muuß-Merholz & Schaumburg 2012) umfassen. Während OER den öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs über Jahre hinweg dominierten, wird sich zunehmend in Richtung OEP orientiert und das sollte auch in der Wirkungsforschung Beachtung finden.

Soweit von meiner Seite. Was sind eure Gedanken, Ideen, Fragen und Wünsche an die Wirkungsforschung zu OER und OEP? 

Quellen

Bellinger, F., & Mayrberger, K. (2019). Systematic Literature Review zu Open Educational Practices (OEP) in der Hochschule im europäischen Forschungskontext. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung. https://doi.org/10.21240/mpaed/34/2019.02.18.X.

Blees, I., Hirschmann, D., Kühnlenz, A., Rittberger, M., Schulte, J., Cohen, N., Massar, T., Heinen, R., Kerres, M., Scharnberg, G., & Khenkitisack, P. (2016). Machbarkeitsstudie zum Aufbau und Betrieb von OER-Infrastrukturen in der Bildung (Stand: Februar 2016). Frankfurt a. M. Verfügbar unter: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0111-pedocs-117154 [letzer Zugriff am 02.08.2023].

Bliss, T. J., Hilton III, J., Wiley, D., & Thanos, K. (2013). The cost and quality of open textbooks: Perceptions of community college faculty and students.

Bretschneider, M., Muuß-Merholz, J., & Schaumburg, F. (2012). Open Educational Resources (OER) für Schulen in Deutschland. Whitepaper zu Grundlagen, Akteuren und Entwicklungsstand im März 2012.

Cronin, C., & MacLaren, I. (2018). Conceptualising OEP: a review of theoretical and empirical literature in Open Educational Practices. Open Praxis, 10(2), 127–143. https://doi.org/10.5944/openpraxis.10.2.825.

Dumont, H.; Maaz, K.; Neumann, M.; Becker, M.: Soziale Ungleichheiten beim Übergang von der Grundschule in die Sekundarstufe I. Theorie, Forschungsstand, Interventions- und Fördermöglichkeiten. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 17 (2014) Suppl.24, S. 141-165. DOI:10.25656/01:12370; 10.1007/s11618-013-0466-1. 

Gerecht, M.; Steinert, B.; Klieme, E.; Döbrich, P.: Skalen zur Schulqualität. Dokumentation der Erhebungsinstrumente. Pädagogische Entwicklungsbilanzen mit Schulen (PEB). Frankfurt, Main: GFPF u.a. 2007.

Graebsch, C. M. (2018). What works? Who cares? Evidenzorientierte Kriminalprävention und die Realität der Jugendkriminalpolitik. Handbuch Jugendkriminalität: Interdisziplinäre Perspektiven, 197-216.

Heimstädt, M. & Dobusch, L. (2017). Perspektiven von Open Educational Resources (OER) für die (sozio-)ökonomische Bildung an Schulen in NRW und in Deutschland.

Kerres, M., & Heinen, R. (2015). Open informational ecosystems: the missing link for sharing educational resources. International Review of Research in Open and Distance Learning, 16(1), 24–39. https://doi.org/10.19173/irrodl.v16i1.2008.

Krug, R. (2019). Aspekte von Open Educational Resources vor dem Hintergrund der Ökonomisierung des Bildungssektors. Verfügbar unter: https://core.ac.uk/download/pdf/270293518.pdf [zuletzt eingesehen am 02.08.2023].

Lechtenbörger, J. (2019). Erstellung und Weiterentwicklung von Open Educational Resources im Selbstversuch. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie und Praxis der Medienbildung. https://doi.org/10.21240/mpaed/34/2019.03.02.X. 

Nikoi, S. K., Rowlett, T., Armellini, A., & Witthaus, G. (2011). CORRE: a framework for evaluating and transforming teaching materials into open educational resources. Open Learning: The Journal of Open, Distance and e-Learning, 26(3), 191-207.

OERinfo – Informationsstelle OER: Was ist OER? https://open-educational-resources.de/was-ist-oer-3-2/ [letzter Zugriff am 02.08.2023]. 

Orr, D., Neumann, J., & Muuß-Merholz, J. (2017). German OER practices and policy—from bottom-up to top-down initiatives. Moskau: UNESCO Institute for Information Technologies in Education.

Otto, D. (2019). Adoption and diffusion of open educational resources (OER) in education: a meta-analysis of 25 OER-projects. International Review of Research in Open and Distance Learning, 20(5), 122–140. https://doi.org/10.19173/irrodl.v20i5.4472. 

Otto, D. (2020a). „Grosse Erwartungen: Die Rolle Von Einstellungen Bei Der Nutzung Und Verbreitung Von Open Educational Resources“. MedienPädagogik: Zeitschrift für Theorie Und Praxis Der Medienbildung 2020 (Occasional Papers), 21-43. https://doi.org/10.21240/mpaed/00/2020.02.26.X.

Otto, D. (2020b). Offene Bildungsmaterialien in der Schule für das Lehren und Lernen in der digitalen Welt: Cui bono? In K. Kaspar, M. Becker-Mrotzek, S. Hofhues, J. König & D. Schmeinck (Hrsg.), Bildung, Schule, Digitalisierung (S. 77–82). Münster: Waxmann. https://doi.org/10.31244/9783830992462. 

Sager, F., Hadorn, S., Balthasar, A., & Mavrot, C. (2021). Die Entstehung und Etablierung der Wirkungsforschung. In Politikevaluation: Eine Einführung (pp. 39-64). Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.

UNESCO – Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (2013). Was sind Open Educational Resources? Und andere häufig gestellte Fragen zu OER. Bonn. Verfügbar unter: https://www.unesco.de/sites/default/files/2018-04/Was_sind_OER__cc.pdf [letzter Zugriff am 02.08.2023].

van Ackeren, I., & Zlatkin-Troitschanskaia, O. (2011). Evidenzbasierte Schulentwicklung: Ein Forschungsüberblick aus interdisziplinärer Perspektive. DDS–Die Deutsche Schule, 103(2), 170-184.

Wiley, D. A., & Hilton, J. (2018). Defining OER-enabled pedagogy. International Review of Research in Open and Distance Learning, 19(4), 133–147. https://doi.org/10.19173/irrodl.v19i4.3601.

Zeuner, C., & Pabst, A. (2020). Wirkungen von Bildungsprozessen: messbar oder nachweisbar?. Messbarkeit von Bildungseffekten: Potenziale-Widersprüche-Schieflagen.

Blogpost: Hard facts über Software

Wissenschaft, Forschung und Lehre an Hochschulen braucht Software, die verlässlich funktioniert – von Campus- und Lernmanagementsystemen über Statistiksoftware bis hin zum einfachen Mailprogramm. Für etablierte Softwareanwendungen werden deswegen hochschulseitig bundesweit Lizenzverträge in Höhe von mehreren Millionen Euro geschlossen. Dennoch stellen stark variierende Bedarfe und mangelnde Kompetenzen auf seiten der Anwender*innen/Nutzer*innen sowie unzureichender IT-Support noch immer eine große Herausforderung für Hochschulen und deren Mitarbeitende und Studierende dar. 

Schon länger wird auch vor diesem Hintergrund das Thema Freie- und Open-Source-Software (kurz: FLOSS oder OSS) diskutiert – im Rekurs auf die rasante Digitalisierung von Strukturen während Corona stärker denn je. 

Öffentliche Gelder für offene Software – so lautet eine bekannte Forderung der Open-Source-Bewegung. Aber wie liegt der Status Quo?

Stand 2022 optieren die meisten öffentlichen Hochschulen mit proprietären Anbietern, kommerzielle Software führt die Liste der genutzten Dienste mit 53% an – zu 31% Open-Source-Lizenzen (vgl. Ergebnisse der Umfrage des ZKI-Arbeitskreises Strategie und Organisation zu Softwarelösungen an den Hochschulen 2022 https://zenodo.org/record/7194328#.ZCcQcHZBy5e). Lernmanagementsysteme basieren mittlerweile vermehrt auf Open-Source-Lösungen anstatt auf Campus-Management-Software und Office-Produkten, für Videokonferenzen steht eine weit verbreitete Nutzung von Zoom Open-Source-Systemen wie BigBlueButton oder Jitsi entgegen, offene Dienste wie Nextcloud konkurrieren mit Komplettlösungen wie Microsoft Teams, das inklusive Datenbank zunehmend für die interne Zusammenarbeit eingesetzt wird (vgl. zB hier: https://blogs.tu-berlin.de/datenschutz_notizen/2022/05/13/digitale-souveraenitaet-von-hochschulen/ und hier https://taz.de/Open-Source-Software-an-Universitaeten/!5686650/.

Freie Software für freie Bildung

Wie können also öffentliche Gelder am sinnvollsten für Software eingesetzt werden? Wie müssen, dürfen und sollten insbesondere öffentlich-rechtliche Hochschulen mit personenbezogenen und vertraulichen Daten umgehen, welchem System dürfen diese anvertraut werden? Welche Rolle spielt die Freiheit der Wissenschaften vor dem Hintergrund von Softwarelösungen? Welche Verantwortung tragen Hochschulen, auch gesellschaftlich mit Blick auf das Einsetzen bestimmter Software-Anwendungen? Und welche Konzepte und Kriterien zu Vergabe und Anschaffung gibt es hier bereits? Mithilfe eines Softwaremonitorings öffentlich-rechtlicher Hochschulen wollen wir in den kommenden Monaten den Status Quo erfassen, um davon ausgehend Ansätze zu erarbeiten, die notwendige Kriterien für die Einführung und Nutzung offener Software an Hochschulen in den Blick nehmen.

Erste vielversprechende Einblicke über die Nutzung unterschiedlicher Software-Kategorien hat die zuvorzitierte Umfrage des ZKI-Arbeitskreises “IT-Strategie und -Organisation” bereits ergeben, wir möchten noch einen Schritt weiter gehen und das Feld explorativ erfassen: Neben der quantifizierbaren Abfrage von eingesetzter Software bei den IT- und Rechenzentren wollen wir stärker auf die tatsächlichen Nutzenden in Verwaltung, Forschung und Lehre zugehen und mithilfe von leitfragengestützten Interviews qualitativ ergründen, nach welchen Vorgaben und Kriterien Software ausgewählt und eingesetzt wird. Der alleinige Blick auf die Rechenzentren scheint hier zu kurz gegriffen, um tatsächlich zu erfassen, wie sich die Lage an deutschen Hochschulen darstellt, mit welchen Dilemmata und Hürden Mitarbeitende zu kämpfen haben, müssen wir mit handelnden, verantwortlichen Personen an den Fakultäten ins Gespräch kommen.

Fakt ist: Nach einem ersten repräsentativen Monitoring der öffentlichen Hochschulen in Deutschland wird im Rahmen unserer Vorrecherchen deutlich, dass für Studierende und Mitarbeitende vor allem im Bereich der kommerziellen Anbieter breite Softwareangebote vorgehalten werden. Trotzdem entsteht der Eindruck, kein ganz umfassendes Bild bekommen zu können, wir vermuten eine hohe Dunkelziffer an OSS-Nutzenden im Hochschulbereich – vor allem im Rahmen von Lehre und Forschung. Denn  diese Software ist frei und meist kostenlos zugänglich , sodass diese im Gegensatz zu teuren Lizenzen, die offiziell bereitgestellt werden, nicht durch Datenschutzbeauftragte abgesegnet oder in Rechenzentren beschafft werden muss. 

Eine weitere Vermutung, der wir nachgehen möchten, ist die Korrelation zwischen Gründungsjahr der Hochschule, Studierendenzahl und die Art gewählter Software-Lizenzmodelle; ältere und größere Hochschulen scheinen auf den ersten Blick weniger flexibel in Bezug auf Software-Umstellungen in Richtung Open-Source, vermutlich, da Change-Management und Umstrukturierungen sehr viel aufwendiger sind und mehr Ressourcen binden. 

Vorläufig lässt sich festhalten, dass kommerzielle Software häufig genutzt wird, weil direkte Ansprechpartner*innen mit Blick auf Verträge und Support verfügbar sind. Zudem herrscht noch immer der Irrglaube, die Kosten sagten etwas über Qualität aus. Hinzu kommt das vielfach wiederholte Narrativ des intuitiven Nutzens: “Es funktioniert einfach!”. Letztlich muss dieses als selbsterfüllende Prophezeiung gelesen werden, denn wo Mittel verfügbar sind, werden diese eingesetzt, um Nutzung und Umfang zu vereinfachen und zu verbessern – derzeit trifft dies eben vor allem auf den kommerziellen Sektor zu. 

Nicht nur der Datenschutz ist im Bereich der Abhängigkeit von proprietären Anbietern vielfach problematisch, auch das Engführen des Feldes für Studierende füttert den Teufelskreis: Lerne ich im Studium statistisches Rechnungen ausschließlich in IBMs SPSS, werde ich auch in Zukunft eher keine Alternative nutzen. 

Schließlich geben Hochschulen mit dem Festhalten an kommerziellen Lizenzen das auf, wofür sie an anderen Stellen nachdrücklich einstehen: Freiheit. FLOSS ist, einmal etabliert, in der Regel nicht nur günstiger in Anschaffung und Hosting, sondern auch nachhaltiger, unabhängiger und bietet einen viel größeren Gestaltungs- und Anpassungsspielraum.

Kurz gesagt: Freie Software fördert freie Lehre und freie Lehre fordert freie Software! 

Ihr habt Lust, unser Vorhaben zu unterstützen? Dann meldet euch bei uns!

Nächste Woche stellen wir im Rahmen des University:Future Festivals unsere Idee detailliert vor und geben Einblicke in erste Ergebnisse unserer Untersuchung. Der Talk findet online statt und die Anmeldung ist kostenlos. Schaut gern rein und beteiligt euch an der Diskussion am 27. April 2023 von 15.50 Uhr -16.20 Uhr. 

Toolsammlungen– eine Übersicht von Übersichten

Mittlerweile gibt es so viele digitale Tools, Apps, Programme und Plattformen für digitales Lehren und Lernen, dass die Auswahl schwer fallen kann. Kommentierte Übersichten, Websites und Toolboxes sollen diese Auwahl erleichtern und Anwendungen besser auffindbar machen. Wir haben einige davon ausprobiert und miteinander verglichen

  1. FindMyTool

FindMyTool entstand als kollaboratives Tool auf Github und umfasst Stand heute über 800 Tools. Die filterbare Sammlung in Form von Kacheln ist auf Deutsch verfügbar, wird stetig erweitert und aktualisiert und lässt Vorschläge zu. Die Nutzung ist kostenlos und ohne Anmeldung möglich.

2. Digitale Tools – Eine Übersicht

Die Liste von bildung.digital richtet sich speziell an Schulen und Lehrkräfte und ist nach Anwendungsgebieten organisiert. Es werden nur Tools vorgestellt, die von der Redaktion empfohlen werden. Die Liste ist kostenlos und ohne Anmeldung auf Deutsch verfügbar.

3. Portal:Tools

Portal:Tools ist von der Martin Luther Universität Halle für die Hochschullehre als filterbare Tabelle konzipiert und stellt eine große Auswahl entsprechender Tools auf Deutsch vor. Es besteht die Möglichkeit Tools vorzuschlagen und die Nutzung ist kostenlos ohne Anmeldung möglich.

4. Tool-Sammlung

Die digitale Toolsammlung vom Hochschulforum Digitalisierung ist das Ergebnis einer Community-Umfrage. Die Liste umfasst eine Auswahl von Tools für Online-Veranstaltungen und ist nach Anwendungsgebieten organisiert. Die Liste ist kostenlos und ohne Anmeldung auf Deutsch verfügbar.

5. AlternativeTo.net

Auf der Crowd-Sourced Website AlternativeTo.net kann man gezielt nach Alternativen zu einem bestimmten Tool suchen. Die Website zeigt Beschreibungen und Nutzerkommentare zu den einzelnen Tools an und lässt die gelieferte Übersicht an Alternativen nach Plattform, Features und Lizenz filtern. Sie steht kostenlos und ohne Anmeldung auf Englisch zur Verfügung.

Diese Beispiele unterscheiden sich u.a. durch ihren Aufbau und ihre Schwerpunkte wie spezielle Themen oder Lehr-/Lernkontexte. Wir freuen uns über alle Lösungen, die dabei helfen, Tools auffindbar zu machen und sich bewusst und kriteriengeleitetet für oder gegen bestimmte Tools zu entscheiden.

Wie etliche andere OER-Projekte sind einige Übersichten durch Drittmittel finanziert bzw. durch eine Förderlinie befristet, sodass das Hosting evtl. nicht langfristig übernommen werden kann (man denke an die wunderbare OER Worldmap, die leider nicht mehr verfügbar ist). Mit dem Gedanken, eine Übersicht langfristig optimieren und administrieren zu können, ist die OESA-Toolbox im Mai 2020 während des Hackathons “Wir hacken das digitale Sommersemester” vom Hochschulforum Digitalisierung als ehrenamtlich organisiertes und unabhängiges Projekt entstanden. Sie ist als filterbare Übersicht angedacht, mit der gezielt nach Tools, Kategorien, Einstellungen und Funktionen gesucht werden kann. Fehlt ein Tool in der Übersicht, kann ohne Anmeldung und Tracking eine neue Zeile hinzufügt werden und wir ergänzen evtl. leer gebliebene Felder. Wir hosten die Toolbox in Deutschland und haben ergänzend ein Manual mit Ideen zur didaktischen Nutzung unter einer offenen Lizenz (CC-BY-SA) zur Verfügung gestellt.

Mit Blick in die Zukunft wollen wir dabei mitwirken, bestehende Angebote zu optimieren und Schnittstellen verfügbar zu machen. Wir sind z.B. gespannt, wie die nationale Bildungsplattform Lehrende und Lernende bei der Suche und Auswahl geeigneter Anwendungen beraten kann.

OESA-Stipendium für Abschlussarbeiten und -projekte

Unser erster OESA-Stipendiat Alex hat im Rahmen seiner Bachelorarbeit die Potentiale und Herausforderungen von Robotern im Bildungsbereich betrachtet und auf dieser Grundlage einen Workshop für Kinder entwickelt. Dieser fand in Kooperation mit dem robolab der Bücherhallen Hamburg statt, hier haben wir darüber berichtet. OESA hat Alex beim wissenschaftlichen Arbeiten unterstützt, den Kontakt zum Praxispartner robolab hergestellt und seinen Aufenthalt in Hamburg koordiniert und finanziert. Es wurde ein Abschlussessen mit dem OESA-Vorstand organisiert, um über nächste Schritte zu sprechen und natürlich um feierlich das Stipendiumszertifikat zu übergeben.

Wir haben zum Abschluss der neunmonatigen Zusammenarbeit ein Interview mit Alex geführt und gemeinsam beschlossen, eine Zusammenfassung des Gesprächs für potentielle Stipendiat:innen zu teilen.

OESA: Was war dein absolutes Highlight?

Alex: Der Workshop mit den Kindern hat sehr viel Spaß gemacht. Ich war positiv überrascht vom Interesse der Kinder und wie sie sich selbst eine Meinung bilden durch das didaktische Konzept. Zu sehen, wie sie mit den Robotern umgehen und was für Ideen in den Gesprächen aufgekommen sind, war definitiv mein Highlight.

OESA: Was hast du Neues gelernt?

Alex: Neben dem recherchierten Inhalt war das wissenschaftliche Schreiben für mich noch ungewohnt. In unseren Gesprächen und kommentierten Versionen der Arbeit habe ich viel zum Ton, Ausdruck, der inhaltlichen Struktur eines Textes und zu differenzierten Formulierungen gelernt.

OESA: Welche Schwierigkeiten gab es?

Alex: Durch die Schulferien und andere Termine musste der Workshop zeitlich nach hinten verschoben werden, dadurch hat sich die Arbeit etwas verzogen und die Zeitplanung ist nicht wie anfangs besprochen abgelaufen.

OESA: Was würdest du kommenden Stipendiat:innen gern mit auf den Weg geben?

Alex: Das OESA-Stipendium ermöglicht eine neue Perspektive. Anstatt auf sich selbst gestellt die erste wissenschaftliche Abschlussarbeit zu schreiben, hat man durch das Stipendium die Möglichkeit, jede Frage zu stellen. Denn dort gibt es sehr niedrigschwellig Ansprechpartner:innen mit viel Wissen und Erfahrung, aber eben auf Augenhöhe.

Wir danken Alex für seinen wertvollen Beitrag und wünschen ihm alles Gute für den Weg nach dem Abschluss!

Weiterführende Informationen findet ihr hier.

Roboter-Workshop in Hamburger Bücherhalle

Wer sich zufällig am Hamburger Hauptbahnhof aufhält, dem fällt das nostalgische rote Backsteingebäude auf, in dem die Zentralbibliothek untergebracht ist. Im ersten Stock stehen Bücherregale, die in perfekt ausgeleuchteten Leseecken verschlungen werden können. Eine Etage tiefer ergibt sich ein anderes Bild, das aber dennoch in das Gesamtbild passt. Denn neben Büchern gibt es hier auch Spiele, Filme, Bastelarbeiten und Roboter. Es ist ein zentraler und öffentlicher Ort, an dem jeder lernen und entdecken kann. Vor kurzem fand hier ein OESA-Workshop statt.

Eine kleine Gruppe von Kindern verbrachte einen Tag damit, mit dem Roboter Thymio zu experimentieren. Der Open-Source-Roboter wurde für Bildungszwecke entwickelt und kann mit verschiedenen Sprachen wie Scratch, Blockly oder Python programmiert werden. OESA-Stipendiat Alex entwickelte ein Konzept auf der Grundlage des Dagstuhl-Dreiecks, das sich auf das spielerische Lernen mit dem Thymio konzentriert und aus drei Teilen besteht: Zunächst sammelten die Kinder in einem Brainstorming-Prozess ihr Vorwissen über Roboter und überlegten, was Roboter eigentlich ausmacht, indem sie bestimmte Aspekte von Robotern definierten.

Es folgte ein praktischer Teil, in dem der Thymio und seine Funktionen erkundet wurden. Zu seinen sechs grundlegenden Verhaltensweisen gehören: der eigenen Hand folgen, Hindernissen ausweichen, sich von anderen Robotern und Menschen wegbewegen (vor allem, wenn diese ihn anschreien), seine Farbe ändern, einer Spur auf dem Boden folgen und auf das Drücken seiner Knöpfe reagieren. Die Kinder entwarfen einen Parkour und testeten, wie er sich unter verschiedenen Bedingungen verhält. Mit großer Experimentierfreude wurden Licht, Lautstärke, Farbe und andere äußere Aspekte variiert und die Ergebnisse eifrig festgehalten. Am Ende dieser Lerneinheit tauschten sich die Kinder aus und reflektierten ihre Erfahrungen.

Im letzten Teil des Workshops stellte Alex den Kindern ein hypothetisches Szenario vor: Die Kinder wurden gebeten, sich zu überlegen, wie es wäre, wenn Lehrroboter den Unterricht in der Schule übernehmen würden und menschliche Lehrer nur noch gelegentlich in die Schule kämen. Sie diskutierten, wie sie sich fühlen würden, was sie vermissen würden und was sich konkret ändern würde.

Die Kinder kamen zu dem Schluss, dass das Szenario seine Möglichkeiten und Herausforderungen birgt. Ein Lehrroboter schien noch zu weit entfernt, um konkrete Eigenschaften (oder Fehler) beurteilen zu können. Nichtsdestotrotz hat dieser Nachmittag ein Umdenken in Bezug auf Schule und Unterricht ausgelöst und wir hoffen, Alex und die Kinder bald wieder im robolab tüfteln zu sehen. Wir freuen uns schon darauf und bedanken uns bei robolab für die tolle Zusammenarbeit.

Weitere Infos zum Projekt und dem robolab findet ihr hier auf der Homepage der Hamburger Bücherhallen.

Weitere Infos zum OESA-Stipendium findet ihr unter Ausschreibungen und im folgenden Artikel.

About Books & Bots – Public Libraries as open learning spaces

Anyone who happens to be at Hamburg’s main train station is sure to spy the nostalgic red brick building that houses the Central Library. On the first floor, there are shelves of books that can be devoured in perfectly lit reading corners. One floor below, a different distinct scene unfolds, yet it seamlessly integrates into the overall ambiance. For in addition to books, there are games, films, handicrafts and even robots. The robolab is a central and public place for everyone to learn and explore. Recently, this institution hosted an OESA workshop.

A small group of children spent a day experimenting with the robot Thymio. The open-source robot was created for educational purposes and can be programmed with different languages such as Scratch, Blockly or Python. OESA fellow Alex developed a concept based on the Dagstuhl Declaration, which focused on learning through play with the Thymio and consists of three parts: First, the children gathered their existing knowledge about robots in a brainstorming session and discussed what actually constitutes robots by defining specific aspects of robots.

This was followed by a practical part in which the Thymio and its functions were explored. Its six basic behaviors include following ones hand, avoiding obstacles, moving away from other robots and humans (especially if they scream at it), changing its colour, following a track on the ground and reacting to pressing its buttons. The kids designed a parkour and tested out how it behaves under different conditions. With great enthusiasm for experimentation, light, volume, color and other external aspects were varied and the results eagerly recorded. At the end of this learning unit, the children shared and reflected on their experiences.

In the last part of the workshop, Alex presented a hypothetical scenario to the children: The children were asked to consider what it would be like if teaching robots took over the lessons at school and human teachers only came to school occasionally. They discussed how they would feel, what they would miss, and what concretely would change.

The kids concluded that the scenario holds its possibilities and challenges. A teaching robot still felt somewhat distant, making it challenging to assess its specific features (and bugs). Nevertheless, it was a day of rethinking school and teaching as it is and we hope to see Alex and the children tinkering in robolab again soon. We are looking forward to it and thank robolab for the great cooperation.

Der Dualismus der Daten und die Bedeutung von Algorithmen

Wir interagieren bei der Internetnutzung im Alltag mit diversen Algorithmen, sei es auf unseren Social-Media-Profilen, beim Surfen im Web, beim Lesen einer Online-Zeitung oder beim Schauen eines YouTube-Videos. Algorithmen erweisen sich als nützliche Helfer, denn sie ermöglichen z.B. beim Online-Shopping die Speicherung des Warenkorbs beim Verlassen der Website. Dabei nehmen wir diese Algorithmen kaum aktiv wahr, was hat es also mit ihnen auf sich und welche Kehrseiten müssen wir bedenken?

Unsichtbares Protokoll

Ein Algorithmus ist ein Satz von Routinen, Regeln oder Befehlen. Da Algorithmen in der Regel auf der Benutzeroberfläche unsichtbar sind, werden sie auch als “Blackbox” bezeichnet. Die Funktionsweise ist Internetzutzenden nicht immer bekannt und dadurch fehlt eine Sensibilisierung für potentielle Bedrohungen: Algorithmen werden versteckt, um das geistige Eigentum zu schützen, die Details vor den Nutzenden zu verbergen und deren „Interaktion“ mit dem System mühelos zu gestalten. Dadurch wird aber gleichzeitig verhindert, dass die Nutzenden die Einzelheiten der Funktionsweise oder sogar die Existenz algorithmischer Systeme verstehen. Unabhängig davon, ob das Verständnis der Nutzenden vorhanden ist oder nicht, kann ihr wahrgenommenes Wissen über einen Algorithmus dennoch ihr Verhalten beeinflussen, weshalb ein Bewusstsein für diese Prozesse wichtig ist. Dazu gehört, Algorithmen transparent zu machen – zumindest auf der Ebene, die für eine verantwortungsvolle Nutzung erforderlich ist – und Menschen dabei zu unterstützen, ihr Verhalten im Internet verantwortungsvoll zu gestalten.

Das Risiko der Filterbubble

Algorithmen sortieren Daten auf der Grundlage dessen, was uns zu gefallen scheint, und schlagen uns darauf basierend ähnliche Inhalte vor. Künstliche Intelligenz (KI) kann bei der Sortierung derartig großer Datenmengen äußerst effizient sein. Sie filtert durch Klassifikationen und Priorisierungen von Informationen den Inhalt, den wir täglich online sehen. So werden uns individuell zugeschnittene Online-Inhalte und Dienste auf der Grundlage unserer Gewohnheiten, Vorlieben und Identitätsmerkmale angeboten. Automatisiert bestimmen sie unsere Informationsquellen und damit auch unsere Perspektive auf die Welt und auf andere. Diese Filterblase führt zu einer Reproduktion unserer bereits bestehenden Meinungen und spitzt sie eventuell noch zu, denn andere Perspektiven werden ausgeblendet. Filterblasen können uns so zwar Zeit bei der Suche nach neuen Inhalten sparen, aber auch unser Weltbild stark beeinflussen und kognitive Verhaltensweisen wie Impulsivität und Ablenkung verstärken. Werden wir uns dieser Blasen bewusst, können wir Online-Inhalte differenzierter betrachten und den Algorithmus gezielt beeinflussen, indem wir z.B. nach anderen Perspektiven auf ein Thema suchen.

Das Risiko von Personalisierung und Profilierung

Mit der zunehmenden Anzahl an Personalisierungstechnologien durch kommerzielle Plattformen wie Amazon, Netflix oder Spotify wächst auch die Anzahl der Datenverfolgungspraktiken, die dazu dienen, Rückschlüsse auf die alltäglichen Gewohnheiten und soziokulturellen wirtschaftlichen Verhaltensweisen abzuleiten. Zu den aktuellen Strategien der Datenverfolgung gehören das Sammeln von Browserverläufen, „Likes“, Kauf- und Suchverläufen, Geolokalisierung, App-Interaktionen, hochgeladenen Fotos, mobilen und anderen hörbaren Gesprächen, geschriebenen Kommentaren, geräteübergreifenden Aktivitäten und IP-Adressen, Inhalten von E-Mails, sozialen Kontakten, Song-Downloads, Kreditvergangenheit, Film-/Fernsehverhalten, Spiele-Highscores und eine Vielzahl anderer nachvollziehbarer alltäglicher Handlungen. Benutzerinformationen und Suchanfragen werden in Datenbanken zusammengefasst, um Kaufabsichten, Wünsche und Bedürfnisse verstehen und voraussagen zu können, welche dann in Echtzeit mit Verhaltensmodellen abgeglichen werden können. Klicks kommt dabei ein eine Schlüsselrolle zu, denn sie werden als Muster von Verhaltensweisen „gelesen“. Anhand dieses Klickverhaltens produzieren Algorithmen Wissen, das zu komplexen Profilen verdichtet wird. Um dieses Profil aktiv verändern zu können, benötigen Nutzende ein Bewusstsein für diese Prozesse und Zugang zu ihrem Profil. Diese sind meist weder transparent noch beeinflussbar, da die Verfahren zur Errechnung von Profilen in der Regel Geschäftsgeheimnis sind. Eine Ausnahme ist Google: Eingeloggten Nutzenden wird die Möglichkeit geboten, das über sie erstellte Profil einzusehen und anzupassen. Sie können ihr persönliches Interessenprofil in den Einstellungen bei den Ad Preferences einsehen.

Was bedeutet “Algorithmic Literacy”?

Unter Algorithmic Literacy wird verstanden, über ein Bewusstsein für die Verwendung von Algorithmen in Online-Anwendungen, -Plattformen und -Diensten zu verfügen, die Funktionsweise von Algorithmen zu kennen, algorithmische Entscheidungen kritisch bewerten zu können sowie die Kenntnis mit algorithmischen Vorgängen umzugehen und sie zu beeinflussen. Praktisch bedeutet dies, dass Individuen in der Lage sind, Strategien zur Änderung vordefinierter Einstellungen in algorithmisch kuratierten Umgebungen, wie z. B. in ihren Social Media Newsfeeds oder Suchmaschinen anzuwenden. Das Ziel hierbei ist, die Ergebnisse verschiedener algorithmischer Entscheidungen zu vergleichen, um die Perspektivenvielfalt zu erhalten und die eigene Privatsphäre zu schützen. Algorithmic Literacy kann dementsprechend als ein Aspekt von Medienkritik und -kompetenz betrachtet werden.

Mittlerweile sollte deutlich geworden sein, dass es im algorithmischen Kontext auch immer um Datensammlung, Datenverarbeitung und Datenaustausch geht.  Dementsprechend ist auch der Datenschutz ein wichtiges Thema, wenn die Rede von einer Algorithmic Literacy ist. Besonders Social-Media-Algorithmen werden so designt, dass schnell Abhängigkeiten entwickelt werden können. Um dem entgegenzuwirken, kann ein erster Schritt darin bestehen, die Benachrichtigungen der Apps einzuschränken und sich seiner Nutzungszeit bewusst zu werden. Ein Projekt, das sich dafür einsetzt, ist das Algorithm & Data Literacy Project der UNESCO, das verschiedene Materialien zur Aufklärung über Algorithmen und ihre Auswirkungen auf den Menschen und die Gesellschaft, die auch für Kinder und den Unterricht geeignet sind, kostenlos bereitstellt. Wer mehr zu Algorithmen im Unterricht erfahren möchte, kann sich hier unser Video auf YouTube ansehen.


Quellen

Leyla Dogruel, Philipp Masur & Sven Joeckel (2022) Development and Validation of an Algorithm Literacy Scale for Internet Users, Communication Methods and Measures, 16:2, 115-133, DOI: 10.1080/19312458.2021.1968361

https://algorithmliteracy.org/https://www.pewresearch.org/internet/2017/02/08/theme-7-the-need-grows-for-algorithmic-literacy-transparency-and-oversight/

https://algorithmliteracy.org/

Open Source in der Landwirtschaft?!

Bei „Open Source“ denken die meisten zunächst nicht an Landwirtschaft, Gartenarbeit oder Nahrungsanbau. Tatsächlich gibt es gerade in diesem Bereich vielversprechende Ideen und rege Entwicklungen.

Womöglich liegt das an der stetig wachsenden Bevölkerung und der Klimakrise, die das Potenzial für Ernährungsunsicherheiten in Zukunft erhöhen wird. Eine mögliche Lösung für diese Probleme und die nachhaltige Lebensmittelerzeugung kann die Präzisionslandwirtschaft sein. Sie ist durch den Einsatz digitaler Technologien zur Überwachung und Optimierung landwirtschaftlicher Produktionsverfahren gekennzeichnet und bietet einen Mechanismus zur Verbesserung der Ernährungssicherheit und zur Schaffung nachhaltiger Ernährungsmuster. Zum Einsatz kommen dafür verschiedene Sensoren, die z.B. die Wasserspeicherkapazität des Bodens oder die Temperatur messen. Wird beispielsweise eine unregelmäßige Wasserspeicherfähigkeit des Bodens von den Geräten festgestellt, kann die Wasserversorgung der Pflanzen an ihre Bedürfnisse angepasst werden. Der eigene Garten oder die eigene Farm wird somit zur Forschungsstation. Am einfachsten lässt sich dieses Konzept mithilfe von Open-Source-Technologien und Anwendungen umsetzten, um dort Nahrungsmittel anzubauen, wo es vorher nicht möglich war und zu jeder Jahreszeit eine Nahrungsquelle haben. Beim Open Gardening und Open Farming sind vor allem Food-Computer weit verbreitet. Diese sind im Grunde Tischgärten, die von einem Computer über ein Netzwerk von Sensoren, Lampen und Ventilatoren gesteuert werden und erstmals von Schüler:innen der Green Street Academy entwickelt wurden. Es handelt sich um eine Schaumstoffbox, die alles enthält, was eine Pflanze zum Wachsen und Gedeihen braucht: Wasser, Nahrung, Licht und ein kontrolliertes Klima. Doch beim Open Gardening und Open Farming geht es nicht nur um die genutzten Technologien, sondern auch das entsprechende offene Mindset. All diese Entwicklungen waren und sind nur in Zusammenarbeit möglich. Im Vordergrund der Open-Farming-Gemeinschaft steht der Austausch von Wissen und Ideen, um gemeinsam und gegenseitig die verschiedenen Projekte zu realisieren und weiterzuentwickeln. Im Folgenden stellen wir vier solcher offener Projekte vor, die in Zusammenarbeit das Problem der Klimakrise angehen:

Mit FarmBot kann jede:r mithilfe von CNC-Maschinen, die mithilfe von Steuerungstechnik Werkstücke automatisch herstellen, und der dazugehörigen Web-App auf jedem Computer oder mobilen Gerät verschiedene Pflanzen und Gemüsearten ziehen und den eigenen Garten von überall aus verwalten. Die Steuerung wird manuell bedient und es sind keine Programmierkenntnisse erforderlich. Die Open-Source-Technologie kann den gesamten Gemüsebedarf einer Person kontinuierlich anbauen, und das nach zwei Jahren zu geringeren Kosten als beim Einkauf in einem durchschnittlichen US-Lebensmittelgeschäft.

OpenFarm ist eine freie und offene Datenbank für landwirtschaftliches und gärtnerisches Wissen. Die Idee war mithilfe von Experten und Anfängern in der Landwirtschaft, einen zentralisierten, strukturierten und offenen Datensatz zu erstellen, der beschreibt, wie Pflanzen unter bestimmten Umweltbedingungen und mit bestimmten Anbaupraktiken angebaut werden können. So entstand eine Gemeinschaft sowie Werkzeugen für den freien Austausch von Pflanzenwissen auf lokaler und globaler Ebene, mit dem Ziel Grenzen durch den offenen Austausch von Wissen zu überwinden und die Beteiligung am Lebensmittelsystem zu erhöhen. Alle Daten und Inhalte von OpenFarm sind gemeinfrei (CC0) und damit leicht zugänglich. Der Quellcode von OpenFarm ist auf GitHub unter MIT-Lizenz verfügbar.

farmOS ist eine webbasierte Anwendung für die Verwaltung, Planung und Aufzeichnung von landwirtschaftlichen Betrieben. Sie wird von einer Gemeinschaft von Landwirten, Entwicklern, Forschern und Organisationen mit dem Ziel entwickelt, eine Standardplattform für die Erfassung und Verwaltung landwirtschaftlicher Daten bereitzustellen. Der farmOS-Server basiert auf Drupal, was ihn modular, erweiterbar und sicher macht und ist, wie die dazugehörige App unter der GNU General Public License lizenziert, d.h. sie sind frei und Open Source.

TANIA ist eine Open-Source-Betriebsführungs- oder Verwaltungssoftware für Landwirte, die mit der Hilfe von Entwicklern, Nutzern, Landwirten, Forschern und Landwirtschaftsexperten von Tanibox im Jahr 2017 initiiert wurde und auf GitHub gehostet wird. Sie wurde vor allem für Landwirte und Entwickler entwickelt, die sich für die Präzisionslandwirtschaft interessieren. Die Software funktioniert in jedem Betrieb, ist leicht zugänglich, flexibel, sicher, benutzerfreundlich und erschwinglich. Sie bietet außerdem Konnektivität mit Geräten wie z. B. Sensoren und Aktoren, um Landwirten mehr Kontrolle über die Überwachung und Steuerung ihres Betriebs zu geben, egal wo sie sind und wann sie es brauchen. So können sie ihren Betrieb nachhaltiger gestalten.

Quellen:

https://www.thuenen.de/de/at/arbeitsbereiche/umwelttechnologie-boden-pflanze/praezisionslandwirtschaft/

https://www.redhat.com/de/open-source-stories/farming-for-the-future

Offene Bildung als Intervention für sozio-ökonomisch schwächere Regionen

Bereits seit einigen Jahren lassen sich in Staaten in Afrika und Südasien Trends hin zur Online-Bildung erkennen – und das trotz anhaltender technologischer Barrieren. Warum das so ist, welche Potentiale offene Bildung für sozio-ökonomische schwache Regionen bergen und wie Herausforderungen dabei überwunden werden können, zeigen wir in diesem Beitrag.

Viele Staaten in Afrika südlich der Sahara (SSA) und einige Regionen in Südasien können aufgrund sozialer und ökonomischer Indikatoren wie geringem Einkommen, stark ungleiche Wohn- und Eigentumsverhältnissen sowie mangelhafter Schul-, Aus- oder Weiterbildungsmöglichkeiten als sozio-ökonomisch geschwächt bezeichnet werden. Nach Schätzungen der UNESCO nahm 2016 weltweit eines von fünf Kindern an keiner Form von Bildung teil. Fast alle dieser Kinder im Alter von 6 bis 17 Jahren lebten in Entwicklungsländern. Diese Krise könnte sich noch verschärfen, denn es wird erwartet, dass sich die Jugendbevölkerung Afrikas bis 2050 auf 830 Millionen Menschen verdoppeln wird. Die Bildungssysteme in diesen Entwicklungsregionen können das oft nicht auffangen, denn es werden nur wenige Ressourcen für Bildung bereitgestellt. Vor diesem Hintergrund gewinnt offene und digitale Bildung als Maßnahme für einen niedrigschwelligeren Zugang zu Bildung stetig an Relevanz.

Eine Frage des Geldes

Der Bau von Schulen und Universitäten nützt langfristig wenig, wenn die Regierungen deren Instandhaltung und laufende Kosten nicht tragen können. Viele Bildungssysteme in Enwticklungsregionen sind bereits chronisch unterfinanziert – eine Situation, die sich weiter zuspitzen kann, wenn die Systeme expandieren und immer teurer in der Verwaltung werden. Finanzierungsprobleme sind in SSA allgegenwärtig, obwohl die Regierungen im internationalen Vergleich relativ große Teile ihres Haushalts für Bildungszwecke ausgeben. Regierungen in einkommensschwachen Ländern sehen in offener und digitaler Bildung zunehmend eine Möglichkeit, Kapazitätslücken zu schließen. Denn verglichen mit dem Bau neuer Einrichtungen in Form von Ziegelsteinen und Mauern stellt digitales Lernen in Form von digitalen Engeräten und kostenfreien Anwendungen eine flexible und effizientere Alternative dar. Inwiefern diese Alternative auch didaktisch sinnvoll ist, bleibt offen, aus bildungsökonomischer Sicht ist digitale und offene Bildung in Entwicklungsländern jedoch sicherlich vielversprechend.

Smartphone-Verbot hier, mobiler Unterricht dort

Was die digitale und offene Bildung in SSA und Südasien zunehmend attraktiver macht, ist die Flexibilität der Bildungssysteme: Es müssen im Gegensatz zu westeuropäischen Bildungssystemen keine historisch entwickelten Strukturen umgewälzt werden. Allerdings besteht in diesen verhältnismäßig jungen Bildungsstrukturen die Herausoforderung, Schule als zentralen Ort verpflichtender Bildung zu etablieren und die Quote der Bildungsabschlüsse zu steigern. Die ist derzeit nicht einmal annähernd im Bereich von Europa und Nordamerika. Digitaler Unterricht könnte hier der Schlüssel zu sein, allerdings wird in vielen Entwicklungsregionen die Teilnahme an Online-Bildungsformaten immer noch durch technologische Infrastrukturbarrieren behindert. Diese digitale Kluft ist besonders in Afrika eine Hürde, denn hier liegt die Internetdurchdringung immer noch weit hinter anderen Weltregionen zurück. Nur 18 Prozent der Haushalte auf dem Kontinent verfügten 2017 über einen Internetanschluss in ihrem Haus, verglichen mit 84,2 Prozent in Europa. Es ist jedoch zu beachten, dass die Internetdurchdringung in Afrika je nach Staat und Region unterschiedlich ist: Während die Mehrheit der städtischen Afrikaner inzwischen über mobile Geräte und Zugang zu mobilem Breitbandinternet verfügt, haben viele Menschen in abgelegenen ländlichen Gebieten keinen privaten Zugang und müssen das Internet in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Universitäten und Internet-Kiosken nutzen, die über Satellitenterminals verbunden sind und oft mit Solarstrom betrieben werden. Die rasche Verbreitung von Smartphones hat jedoch in den letzten Jahren dazu geführt, dass digitales Lernen zu einem wesentlich attraktiveren Angebot geworden ist. Die mobile Breitbandtechnologie dringt schnell auch in abgelegene ländliche Regionen vor und ermöglicht den Menschen dort einen Internetzugang. So ist „m-learning“ unter Verwendung von Mobiltelefonen zu einer gängigen Unterrichtsform in sozio-ökonomisch schwachen Gesellschaftsschichten in SSA geworden.

Erwachsenenbildung leicht gemacht

Offener Fernunterricht (Open Distance Learning, kurz: ODL) wird schon seit geraumer Zeit als Mittel zur Ausweitung des Zugangs verfolgt. ODL-Universitäten bieten integrative, bedarfsgerechte Bildung. Sie gelten allgemein als wirksames Instrument der sozialen Entwicklung und werden von Organisationen wie der UNESCO unterstützt. Was die meisten von ihnen gemeinsam haben, sind ihre im Vergleich zu anderen Hochschulen relativ niedrigen Zulassungsstandards. Die meisten, aber nicht alle, erheben Studiengebühren für ihre Programme, die von kurzfristigen Diplom- und Zertifikatskursen bis hin zu vollwertigen Bachelor-, Master- und Doktorandenprogrammen reichen. Viele ODL-Einrichtungen verfolgen ein Blended-Learning-Modell, das verschiedene Formen der Fernlehre mit Nachhilfeunterricht in Studienzentren kombiniert, die den Studierenden auch Zugang zu Bibliotheken, Computern und Videokonferenzeinrichtungen bieten. Flexible Zeitpläne ermöglichen es sowohl Erststudenten als auch berufstätigen Erwachsenen, sich weiterzubilden, selbst in abgelegenen, unterversorgten Regionen. Darüber hinaus werden Spitzenforschungsuniversitäten in Afrika in der Lage sein, Kosten zu teilen und Ressourcen zu bündeln, indem sie Tools wie gemeinsame digitale Bibliotheken und digitale Kommunikationseinrichtungen nutzen, die dazu beitragen werden, Institutionen auf dem gesamten Kontinent in transnationalen Forschungsclustern zu verbinden.

Ist teuer gleich gut?

ODL wird oft als minderwertig abgetan und als Gegensatz zu teuren Privathochschulen gesehen. Offene Universitäten wurden jedoch nicht als Zentren akademischer Exzellenz konzipiert. Sie wurden vielmehr entwickelt, um Bildung für die breite Masse zu niedrigen Betriebskosten zu ermöglichen. ODL ist keine Lösung für die Schaffung von Bildungssystemen der Weltklasse, aber er spielt eine wichtige Rolle für den Zugang zu Millionen von Studieninteressierten und ist zu einem festen Bestandteil vieler Bildungssysteme geworden. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass die Qualität der Anbieter von Fernunterricht im Allgemeinen sehr unterschiedlich ist. Deshalb braucht es Stellen, die ODL-Einrichtungen prüfen – und auch diese gibt es (in kleiner Anzahl) bereits. Es wäre deshalb ein Fehler, alle ODL-Einrichtungen als minderwertig abzutun.

Der goldene Mittelweg

In Entwicklungsländern reicht die Bereitstellung von Technologie und digitalen Inhalten allein sicherlich nicht aus, um Schüler:innen für digitales Lernen zu motivieren. Hybride Ansätze sind vielleicht das vielversprechendste und qualitativ hochwertigste Modell. In Zukunft werden Pädagog:innen und politische Entscheidungstragende überprüfen müssen, wie Online-Lernen am besten konzeptualisiert und eingesetzt wird, wie die Bereitstellung und der Inhalt von Online-Kursen verbessert und sie gleichzeitig interaktiver und relevanter für den lokalen Kontext gemacht werden kann. Denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die folgenden Generationen, die mit mobilen Geräten aufgewachsen sind und einen großen Teil ihrer sozialen Interaktionen online abwickeln, der digitalen Bildung gegenüber aufgeschlossener sein werden.  

Best Practice

Die meisten Regierungen in Afrika verfolgen inzwischen eine Politik, die die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) und digitalem Lernen fördert. Die kenianische Regierung beispielsweise startete 2016 ein Programm für digitales Lernen, um die Grundschulbildung zu digitalisieren. Bis März 2018 wurden mehr als eine Million Laptops und Tablets mit interaktiven digitalen Inhalten an 19.000 öffentliche Schulen geliefert. Darüber hinaus gibt es einige ambitionierte Projekte, die den Zugang zu Bildung fördern:

1. OER Africa ist eine Initiative, die vom South African Institute for Distance Education ins Leben gerufen wurde. Sie operiert in ganz Afrika und spielt eine führende Rolle bei der Unterstützung von Hochschuleinrichtungen bei der Entwicklung und Nutzung von Open Educational Resources (OER) zur Verbesserung von Lehre und Lernen. Weitere OER-Organisationen und Projekte hat OER Africa hier zusammengestellt.

2. Skills for a Changing World” zielt darauf ab, Bildungsmöglichkeiten für diejenigen zu schaffen, die derzeit von der nachschulischen Bildung ausgeschlossen sind, und zwar sowohl auf der Ebene der allgemeinen und beruflichen Bildung als auch auf der Ebene der Hochschulbildung. Neben der Vorbereitung auf ein weiterführendes Studium zielt das Programm auch darauf ab, die Studierenden auf die Arbeitswelt vorzubereiten, indem es sich auf die Entwicklung allgemeiner Fähigkeiten konzentriert, die für ein erfolgreiches Arbeiten in der heutigen Wirtschaft unerlässlich sind.

3. African Storybook“ stellt freier Zugang zu Bilderbüchern in den Sprachen Afrikas zur Förderung der Lese- und Schreibfähigkeit, der Freude und der Fantasie der Kinder.

In a nutshell

E-Learning hat zweifellos eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem Lernen vor Ort: Es entfallen die Kosten für gedrucktes Lehrmaterial und die Notwendigkeit einer physischen Infrastruktur, sodass es auch in Regionen angeboten werden kann, in denen eine solche Infrastruktur nicht vorhanden ist. Dadurch können nicht nur die Kosten für die akademischen Einrichtungen gesenkt werden, sondern auch für die Studierenden, die oft weite Wege zu Schulen und Universitäten in Regionen wie SSA zurücklegen müssen. Online-Unterrichtszeiten sind in der Regel flexibel, und die Kursmaterialien sind jederzeit zugänglich, was das Studium z.B. für berufstätige Erwachsene erleichtert. Digitale Bibliotheken bieten Zugang zu Literatur, wo es keine physischen Bibliotheken gibt. Entscheidend ist, dass E-Learning nicht durch die Größe physischer Klassenzimmer begrenzt ist – Online-Kurse können von einer unbegrenzten Anzahl von Studierenden rund um den Globus besucht werden. Da der Zugang zu Elektrizität und Breitbandinternet zunimmt, wird die Online-Bildung schnell für ein immer größeres Publikum zugänglich werden. Und die Verteilung von preiswerten Tablets an Studenten ist immer noch billiger als der Aufbau von Einrichtungen in Form von Gebäuden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass akademische Einrichtungen und Regierungen in SSA und Südasien zunehmend das Online-Lernen als vergleichsweise kostengünstige Investition in die Entwicklung des Humankapitals fördern. Des Weiteren helfen offene Bildungsangebote den Zugang zu Bildung trotz Bedenken hinsichtlich der Bildungsqualität und der sozialen Gleichheit zu verbessern. Sie werden als rationelles, kosteneffizientes Mittel zur Erweiterung der Bildungschancen wahrgenommen. Trotz anhaltender technologischer Hindernisse übernehmen Regierungen und akademische Einrichtungen in SSA zügig digitale Lernmodelle. In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen und Trends kann davon ausgeganen werden, dass die digitale und die offene Bildung in diesen Regionen zunehmend Einzug finden wird.


Quellen:

OER Africa